Wem gehört die Stadt (noch)? Wie Investoren, Bürger und Klima um deutschen Wohnraum ringen

Wem gehört die Stadt (noch)? Wie Investoren, Bürger und Klima um deutschen Wohnraum ringen

Steigende Mieten, leere Wohnungen, heißer Boden – was passiert gerade auf dem Immobilienmarkt?

Wenn du in den letzten Monaten versucht hast, in einer deutschen Großstadt eine halbwegs bezahlbare Wohnung zu finden, dann weißt du: Es fühlt sich ein bisschen an wie Lotto spielen, nur stressiger. München, Berlin, Köln – die Geschichten ähneln sich. Angebote, die keine sind (800 Euro kalt für ein WG-Zimmer in Innenstadtrandlage), Besichtigungstermine mit 35 Mitbewerbenden und zunehmend die Frage: Wer kann sich das hier überhaupt noch leisten?

Hinzu kommt ein Thema, das nicht neu ist, aber plötzlich dringlicher wirkt: Leerstand trotz Wohnraummangel. Klingt paradox – ist es auch. Immer mehr Wohnungen stehen in zentralen Lagen leer, weil sie als Anlageobjekte herhalten müssen. Und genau an dieser Stelle prallen politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Interessen gerade heftig aufeinander.

2024 – das Jahr, in dem Immobilienpolitik plötzlich Chefsache wird?

Es gab Jahre, da war Wohnungsbau irgendwie nett, aber politisch kein Showstopper. Dieses Jahr ist das anders. Olaf Scholz nennt den sozialen Wohnungsbau „nationale Aufgabe“, und die Bauminister klagen unisono darüber, dass zu wenig gebaut wird. Schuld ist aber nicht nur der berühmte Fachkräftemangel oder die Materialpreise. Es ist eine Gemengelage aus:

  • steigenden Zinsen, die Investoren bremsen,
  • fehlendem Bauland in attraktiven Lagen,
  • und immer komplexeren Regulierungen.

Ein Architekt aus Stuttgart meinte kürzlich trocken: „Bauen wir halt keine Eigentumswohnungen mehr für Zahnärzte, sondern endlich wieder Stadthäuser für Menschen.“ Klingt schön – aber wer soll’s bezahlen?

Kommt die große Trendwende beim Wohnen?

Vielleicht. Vielleicht nicht. Aber was auffällt: Neues Denken hält Einzug. Immer mehr Kommunen setzen auf Modelle wie das Erbbaurecht, um Grundstücke in öffentlicher Hand zu behalten. Private Investoren müssen sich inzwischen öfter dafür rechtfertigen, wenn Wohnungen leer stehen. Und in Städten wie Leipzig, Freiburg oder Düsseldorf steigen Initiativen, die fordern: Enteignung von Spekulationsobjekten.

Klingt radikal? Vielleicht. Aber wir erleben gerade, wie der Markt allein eben doch nicht alles regelt. Und das merken auch Anleger. Projektentwickler verlagern ihre Schwerpunkte aufs Umland, auf kleinteilige Sanierungsprojekte oder auf flexibles Co-Living – Trends, die vor zwei Jahren noch belächelt wurden.

Ist das die Chance für neue Wohnformen?

Unbedingt. Denn gerade weil klassische Modelle teils stillstehen, rücken alternative Bau- und Wohnformen ins Rampenlicht:

  • Modulares Bauen: schneller, günstiger und erstaunlich schick, wenn gut gemacht.
  • Wohnprojekte und Genossenschaften: gemeinschaftlich organisierter Wohnraum mit stabilen Mieten – nicht nur was für Hippies.
  • Temporäre Nutzung leerer Gebäude: von Zwischennutzung zu Dauerlösung?

Und Hand aufs Herz: Muss wirklich jede Neubauwohnung ein Tiefgaragenplatz, zwei Balkone und 120 Quadratmeter haben? Vielleicht gewöhnen wir uns alle an kompakteres, klügeres, gemeinschaftlicheres Wohnen – einfach, weil’s notwendig wird.

Klimaschutz bringt neue (Kosten-)Wahrheiten

Was oft vergessen wird beim ganzen Mietendrama: Auch der Klimaschutz mischt kräftig mit. Der Gebäudesektor hinkt den Zielen des Green Deals hinterher. Und das hat Folgen. Sanierungspflichten, strengere Auflagen für Neubauten und der Gebäudeeffizienzstandard QNG treiben nicht nur die Baukosten – sie verändern Spielregeln fundamental.

Und ja, viele Versprechen wirken widersprüchlich: „Bezahlbar, klimafreundlich, schnell“ – klingt super, funktioniert aber bisher selten gleichzeitig. Da hilft übrigens auch keine künstliche Intelligenz. Noch nicht.

Zwischen Fairness und Fundament: Wie geht’s jetzt weiter?

Hoffnung macht, dass das Thema nicht mehr unter den Teppich gekehrt wird. Es gibt Ideen, es gibt politische Bewegung – und es gibt Menschen, die nicht locker lassen. Mietervereine, energieeffiziente Wohninitiativen und sogar Startups, die klimaneutrale Sanierungen bringen wollen, ohne dass die Miete explodiert.

Ist alles perfekt? Natürlich nicht. Aber vielleicht ist gerade diese Mischung aus Unzufriedenheit, Kreativität und politischem Druck der Katalysator, den der deutsche Immobilienmarkt gebraucht hat.

Fazit: Wir bauen (hoffentlich) mehr als nur Häuser

Es geht nicht nur ums Bauen – es geht darum, vielleicht eine neue Wohnkultur zu denken. Eine, die nachhaltiger, solidarischer und weniger profitorientiert funktioniert. Ob das klappt? Mal schauen. Aber selten war die Chance größer, dass aus der Wohnkrise tatsächlich ein Umdenken entsteht. Und manchmal beginnt Veränderung genau da, wo alles festgefahren scheint.

OVIMMO Author

Geschrieben von
Fiete Jorsen | OVIMMO Redaktion

Geschrieben am 6. August 2025

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